Trauer trifft uns in den unterschiedlichsten Lagen in unserem Leben. Wir können um einen lieben Menschen trauern oder auch um den Verlust der Gesundheit oder den Arbeitsplatz. Genauso können wir trauern, wenn ein Lebensabschnitt zu Ende geht oder wir uns von einem Partner trennen.
Trauer hat viele Gesichter, die uns oftmals so gar nicht bewusst sind.
Trauer macht traurig, Trauer kann einsam machen, Trauer schränkt uns ein, Trauer kann wütend machen und wir lernen uns auf eine ganz neue Art und Weise kennen, von der wir bisher geglaubt haben, dass wir sooo gar nicht sein können.
Wenn ich selbst in Trauer bin, dann gibt es kein Halten mehr. Ich komme in einen Aktionismus, bei dem ich nur ganz schwer zu bremsen bin.
Dann bin ich dankbar, wenn meine Familie mich ab und an etwas zur Ruhe zwingt.
Wie ist das aber, wenn ich über meine traurigen Gefühle nicht spreche? Nicht nach außen kommuniziere, dass es mir schlecht geht?
Spreche ich nicht darüber, weiß mein Umfeld nicht, wie es mit mir umgehen soll. Spreche ich darüber, geht mein Umfeld in kürzester Zeit wieder zur Tagesordnung über.
Beides nicht so prickelnd.
Der große Unterschied jedoch ist, wenn mein Umfeld nicht Bescheid weiß, können sie auch nicht ansatzweise adäquat reagieren, mich unterstützen, mir zur Seite stehen, mich vielleicht in den Arm nehmen und fragen, wie es mir geht.
Ich nehme meinem Umfeld die Chance, mir zu zeigen, wie wichtig ich ihm bin.
Was passiert aber in mir, wenn ich nicht über meine Trauer spreche?
Dies ist nicht nur emotional eine starke Belastung, sondern auch eine große körperliche Belastung, die wir meist unterschätzen.
Nicht geweinte Tränen verursachen meist Kopfschmerzen, ein aufgesetztes Lächeln kann zu Magenkrämpfen und Atemnot führen und aufgezwungene Härte kann zu Herzproblemen führen. Wenn ich mich ständig zusammenreisse, spüre ich über kurz oder lang das Reissen in den Schultern und im Rücken. Oder aber ich suche das Vergessen und betäube mich mit Alkohol oder Drogen. Ein weiterer Aspekt ist, dass ich mir einen Panzer aus Bitterkeit zulegen könnte, der mich nicht unbedingt anziehend für meine Umwelt macht.
Im Totschweigen liegen viele Gefahren, die uns körperlich und psychisch belasten. Oft hat das Totschweigen auch auf unsere Essgewohnheiten Einfluss und auf unsere Alltagsroutine.
Jeder, der sich nicht gerne anderen gegenüber öffnet, muss sich fragen, ob eine der oben genannten Verhaltensweisen auf ihn zutrifft.
Wenn man sich bewusst wird, was man sich selbst und seinem Körper antut, findet man vielleicht einen besseren Zugang nach außen.
Um Trauer nicht totzuschweigen, muss ich mich nicht unbedingt einem anderen Menschen anvertrauen, ich kann mir auch ein anderes Ventil suchen, der Trauer Raum zu geben. Mir selbst hilft schreiben. Meine Gefühle in Worte fassen, am Anfang oft noch unstrukturiert einfach Worte auf ein Blatt schreiben, kreuz und quer. Später vielleicht Sätze oder ganze Seiten schreiben. Eine andere Möglichkeit ist Sport. Laufen in der freien Natur macht den Kopf frei und wir tun gleichzeitig unserer Gesundheit etwas Gutes. Ein Box-Sack kann helfen, angestaute Aggressionen loszuwerden, und selbst in einer Meditation kann ich inneren Frieden finden.
Wichtig ist dabei immer, der Trauer, egal um welche es sich handelt, einen Weg raus aus mir, raus aus meinem Körper anzubieten, um wieder in meine Mitte, ins Gleichgewicht zu kommen.
Vor allem Gespräche mit geschulten Personen haben sich bei mir selbst immer als Gold wert herausgestellt. Ob ein Trauerbegleiter oder ein Coach zur Persönlichkeitsentwicklung, ein Stressmanagementtrainer oder ein Psychologe, sie alle können dir helfen, wieder zu dir selbst zu finden, neue Perspektiven zu eröffnen und deine Ressourcen gemeinsam mit dir zu aktivieren.
Also – schweige deine Trauer nicht tot. Gib ihr die Möglichkeit, einen guten Raum in dir einzunehmen, gib ihr Platz in deinem Leben und du wirst sehen, es gehen Türen auf.
Alles Liebe
Eure Iris